Steinfels: „Rückkehr zum alten Stichwahl-Modell!“
Lesen Sie den zweiten Teil unseres großen Sommerinterviews mit dem Langenfelder SPD-Chef Sascha Steinfels zum Start der rotgrünen Landesregierung.
Ist denn das Votum in Hamburg gegen die sechsjährige Primarschule ein Warnschuss für Rot-Grün in NRW?
Welchen Stellenwert Bildung für die SPD-geführte Landesregierung hat, machte ich bereits deutlich. Das beginnt mit der Grundschule mit gemeinsamem Lernen bis zur 6. Klasse. Dann sollen alle Kinder - und ich betone: alle - die Chance haben, je nach Interessen und Begabung die Hauptschule, die Gesamtschule oder ein Gymnasium zu besuchen. Dass in Schulfragen bei allen Beteiligten die Emotionen hoch kochen, weiß ich auch. Umso mehr ist eine offene und öffentliche Diskussion notwendig. Wir können doch nicht leugnen, dass sich mit der sich verändernden Lebens- und Arbeitswelt auch die Schule weiterentwickeln muss. Um die Zukunft der Kinder und unserer Gesellschaft zu sichern! Das Bürgervotum in Hamburg lässt auf eine schlechte Vorbereitung der Landesregierung schließen und im Umkehrschluss auf eine gute Organisation der Reformgegner. Durch die politische Stimmungslage gegenüber der instabilen schwarz-grünen Regierung mit einem amtsmüden und blassen Oberbürgermeister musste mit einer Abstimmungsniederlage gerechnet werden. Aus diesem Grund sehe ich es nicht politisch-thematisch als Warnschuss, denke aber, dass man eine gründliche Überzeugungsarbeit im Vorfeld einer Entscheidung in NRW leisten muss.
Rot-Grün plant die Wiedereinführung der Stichwahl bei den NRW-Bürgermeisterwahlen. Wie stehen Sie dazu?
Unser Ziel ist es, das Interesse der Bürger besonders an der Kommunalpolitik zu steigern. Die alte CDU/FDP-Landesregierung hat dies regelrecht torpediert. Dies war besonders am Streit um den Termin der letzten Kommunalwahl zu erkennen, als von CDU und FDP der Termin der Kommunalwahl mit der Europawahl im Juni 2009 zusammengelegt werden sollte, obwohl die neuen Bürgermeister ihr Amt erst Monate später antreten sollten.
Für die SPD stellt sich auch die Frage: Welche Legitimation hat eine gewählte Volksvertreterin, ein gewählter Volksvertreter auf Basis einer immer geringeren Wahlbeteiligung? Die fehlende Hürde einer Sperrklausel führt zu einer Zersplitterung der Stadträte – bis zu neun Parteien oder Gruppierungen sitzen in den Stadträten. Die politischen Entscheidungen werden aus unserer Sicht dadurch deutlich verkompliziert. Der Bürger versteht die politischen Zusammenhänge dann überhaupt nicht mehr.
Fazit: Die Kommunalverfassung sollte so geändert werden, dass der Bürger zur aktiven Teilnahme am politischen Geschehen vor Ort angeregt und sein Interesse geweckt wird. Alles muss für ihn überschaubarer werden. Dabei wird nach meiner persönlichen Meinung sicher noch über den einen oder anderen Punkt zu reden sein. Dazu gehört – ich will Ihrer Frage nicht ausweichen - auch die Stichwahl. Ich bin persönlich für die Rückkehr zum alten Modell: Rats- und Bürgermeisterwahlen am selben Tag, kurz darauf – so vor Ort nötig – die Stichwahl. Die derzeitige Regelung, Bürgermeister und Rat getrennt voneinander zu wählen, begründeten viele mit der dadurch angeblich bewirkten Stärkung der Bürgermeisterposition. Ich befürchte eher das Gegenteil – wenn 2014 die Räte gewählt werden, werden einige Bürgermeister bis zur Bürgermeisterwahl 2015 wohl de facto aufgrund fehlender Mehrheiten handlungsunfähig sein. Sie sehen – es handelt sich um ein Thema, bei dem es nicht nur Schwarz oder Weiß gibt. Wichtig ist für mich jedenfalls eine möglichst hohe Legitimation der gewählten Volksvertreter.
Das Interview führte Frank Straub. Bitte lesen Sie auch den ersten Teil des Interviews:
stadtmagazin-online.de/politik/artikelpolitik/article/interview-mit-sascha-steinfels.html
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